Urlaubsstress

von Jutta Rosar

Streit und Stress all inclusive -
Warum für viele Paare der gemeinsame Urlaub eine Belastungsprobe für die Paarbeziehung ist

Gerade sind die Herbstferien zu Ende, doch statt erholt und entspannt zurückzukehren, freuen sich viele wieder auf die eigene Alltagsroutine und die Auszeit vom Partner oder kehren sogar zerstritten aus dem verdienten Urlaub zurück. Doch was führt dazu, dass viele Paare die „schönste Zeit des Jahres“ nicht gemeinsam genießen können?

Es gibt eine Fülle von Herausforderungen an und während einer Urlaubsreise. Dies beginnt bei der Planung, der Festlegung des Urlaubsbudgets und der Reisebuchung und erreicht dann bei den eigentlichen Urlaubsvorbereitungen einen vorläufigen Höhepunkt. Häufig müssen vor der Abreise noch wichtige Termine und Arbeiten erledigt werden, so dass viele Paare eher gestresst als entspannt ihre Reise antreten.

Hinzu kommt, dass viele Paare sehr hohe und oftmals unterschiedliche Erwartungen an diese gemeinsamen Urlaubstage, an den Urlaubsort aber auch an den Partner haben. Während der eine sich darauf freut, einmal richtig auszuspannen und vielleicht den ganzen Tag am Strand zu verbringen, möchte der andere vielleicht Abenteuer erleben oder etwas Neues lernen.

Im Urlaub soll all das nachgeholt werden, was sonst nicht ausgelebt wird, es muss perfekt und harmonisch sein, man möchte sich etwas gönnen und sich belohnen, auf Knopfdruck abschalten sozusagen.

Viele verordnen sich eine selbstauferlegte Zwangsnähe und denken, alles gemeinsam unternehmen zu müssen, obwohl es im im normalen Alltag eher wenig Berührungspunkte gibt und jeder seine definierten Aufgaben hat. Dabei wird klar, dass sich die beiden relativ wenig zu sagen haben, was Frust und Streit nach sich zieht.

Typisch sind auch falsche, überzogene Vorstellungen an den Urlaubsort als perfekten Ort zur Erfüllung aller Wünsche, wie oftmals durch die Werbung suggeriert. Spätestens die laute Baustelle nebenan oder der mangelhafte Hotelservice holen einen dann ganz schnell auf den Boden der Wirklichkeit zurück.

Am Urlaubsort kommen die vielen neuen Eindrücken, die fremde Sprache, andere Sitten und Gebräuchen, die ungewohnte Enge der Hotelzimmer und die viele gemeinsame Zeit hinzu.

All diese Umstände erleben viele Paare als Stressoren und damit wirken sie wie ein Katalysator in einer chemischen Reaktion: Konflikte und Probleme einer Beziehung werden schonungslos aufdeckt, die im normalen Alltag oftmals verborgen und unausgesprochen bleiben.

So kann ein Urlaub wie ein Brennglas sein und ein Paar erkennt, dass es bei äußeren Belastungen nicht als Team agieren kann, sondern hilflos vor den Problemen rekapitulieren muss. Wenn dann noch Schuldzuweisungen und Anfeindungen hinzukommen, sieht sich das Paar schnell in einer verfahrenen Situation.

Doch wer gibt schon gerne zu, dass man den Urlaub nicht genießen kann und in Wirklichkeit die Rückkehr in die Heimat herbeisehnt? Und wer spricht darüber, dass man, statt verliebt bei einem Glas Wein den Sonnenuntergang zu bewundern, schweigend und enttäuscht die Schlacht am Buffet beobachtet?

Wird dieses erkannt, kann ein Urlaub aber auch eine Chance sein, diese wunden Punkte ehrlich anzusehen und zuhause daran zu arbeiten.

Jutta Rosar
Ihre Paartherapeutin in Köln

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